Nümfe

Verein zur Förderung von Kommunikation und Kultur unter Frauen
1989 bis 1995 in der Nymphenburgerstraße 182

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Die Nümfe war ein LesbenFrauenraum in der Nymphenburgerstraße. Sie war Kneipe, Veranstaltungsraum, Begegnungsort und Wohnzimmer für Frauen und wurde von einem Kollektiv betrieben.

„Durch den Rahmen, den Ihr geboten habt, ist in der Lesben/Frauenszene Münchens Lebendigkeit möglich geworden.“

Die Wen-Dos in einem Dankesbrief an die Nümfen, in FRAZ 3/1995

Ausschnitt aus Film „Bye Bye Nümfe“ 1996 von Sabina Lorenz.

Quelle: Forum Queeres Archiv München e.V.

„Im November 1989 fingen 13 lesbische Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren an, die Nümfe aufzubauen. Unbezahlt, während sie nebenher noch Vollzeit arbeiteten oder studierten. Mit viel Lust, keinem Geld, Unmengen von Energie, Euphorie und Naivität, vielen Idealen (…).“

Sabina Lorenz, in FRAZ 3/1995

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„Anfänge“
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Eingang zur Nümfe
Ausschnitt aus Film „Bye Bye Nümfe“ 1996

Quelle: Forum Queeres Archiv München e.V.

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Die Nümfen hatten sich bewusst dagegen entschieden, Fördergelder bei der Stadt München zu beantragen. Der gewaltige Verwaltungsaufwand schreckte die Frauen ab. Gegen eine städtische Förderung sprach auch, dass schon andere Räume, wie das KOFRA, Probleme wegen ihres, dezidiert an Lesben gerichteten Programmes bekommen hatten. Stattdessen entschied frau sich bewusst dafür, zinslose Kredite bei privaten Förderinnen aufzunehmen. Diese Kredite konnten über die Jahre ausnahmslos zurückbezahlt werden.

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01:28

Von Anfang an war es wahnsinnig schwierig und letztlich vielleicht unmöglich, die unterschiedlichen Ideen, was die Nümfe sein sollte, auf einen Nenner zu bringen. Wichtig war dem Kollektiv einen Raum für alle Frauen zu etablieren. Der Anspruch der Nümfe war von Anfang an dezidiert politisch: „Es sollten sich ALLE Frauen wohl fühlen, also Heteras, separatistische Lesben, Schwarze Frauen, Radikalfeministinnen, S/M-Lesben, weiße Frauen, Mütter, Rollstuhlfahrerinnen und alle anderen, die nicht aufgeführt sind."

Sabina Lorenz, in FRAZ 3/1995

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Ein zweites grundlegendes Prinzip war die antihierarchische Organisation der Nümfe: „Entscheidungen sollten nicht nach dem Mehrheitsprinzip getroffen werden, sondern durch Konsensbeschlüsse, das heißt wir redeten bei allen Entscheidungen so lange, bis wir einen Kompromiß fanden, mit dem alle beteiligten Frauen des Kollektivs leben konnten.“

Sabina Lorenz, in FRAZ 3/1995

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Das Projekt wuchs immer mehr und verlangte aufgrund dessen nach einer besser abgestimmten Organisation. So wurden die Nixen, ehrenamtliche Helferinnen, die nicht Teil des Kollektivs waren und meist die Abenddienste in der Nümfe übernahmen, mehr und mehr einbezogen: „Um die Alltagsbewältigung effektiver zu gestalten strukturierte sich das Kollektiv in Arbeitsgruppen um (…). Die Arbeitsgruppen bestanden aus Nixen und Nümfen. Außerdem wurden regelmäßige Nixen-Nümfen-Treffen abgehalten, um die verschiedenen Erfahrungen der Nixen und Nümfen zu besprechen und diese zu koordinieren.“

Sabina Lorenz, in FRAZ 3/1995

Das Lesbische Identitätsspiel wurde von einer Gruppe von Lesben entwickelt und auf einem Handwerkerinnenmarkt in der Nümfe verkauft.

Foto: Patricia Fliegauf
Quelle: Münchner Stadtmuseum

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Im Laufe der Zeit hatte die Nümfe immer mehr mit ausbleibenden Besucherinnen zu kämpfen. Außerdem wuchs dem Kollektiv die Arbeit über dem Kopf. Immer mehr Frauen stiegen aus und diejenigen, die übrig waren, konnten die Last der Mehrarbeit nicht mehr auf Dauer stemmen. Zusätzlich kamen Probleme mit dem Vermieter hinzu: „Für den letzten Rest sorgt ein neuer Vermieter, der verkündete, er wäre konservativ, die deutsche Frau würde nicht rauchen, er wäre der Fels, die Nümfen die Brandung und die doppelte Miete verlangte.“

Sabina Lorenz, in FRAZ 3/1995

Alle Audio- und Videomitschnitte aus dem Film „Bye Bye Nümfe“, 1996 von Sabina Lorenz.

Für einen Umzug der Nümfe fehlten dem Kollektiv die Kraft und die Ressourcen und so feierte frau am 12.8.1995 in der Nymphenburgerstraße den Abschied nach fünf Jahren Projektarbeit.

Fensterfront der Nümfe zum Innenhof
Ausschnitt aus Film „Bye Bye Nümfe“ 1996

Quelle: Forum Queeres Archiv München e.V.

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Städtische Räume sind nicht einfach gegeben oder existent, sondern in hohem Maße durch die gesellschaftliche Realität von Individuen beeinflusst. Der städtische Lebensraum konstituiert sich anhand persönlicher Lebenszusammenhänge. Jede*r Stadtbewohner*in hat eine individuelle Landkarte des städtischen Raumes im Kopf und nimmt die Stadt in einer bestimmten Weise wahr, die den Mitmenschen verborgen bleibt. Öffentliche Räume und Gebäude haben für unterschiedliche Personen unterschiedliche Bedeutungen, die sich überlagern und in ihrer Mehrschichtigkeit auf den ersten Blick nicht erkennbar sind. gayze geht der Frage nach, wo in München queere Menschen – Lesben, Schwule, Bi, Trans, Inter*, nonbinary – die Bedeutung von Orten geprägt haben.

Das Projekt erfasst Räume, an denen queeres Leben in München stattfindet bzw. stattgefunden hat und macht deren vielfältige Geschichte anhand einer digitalen Karte sichtbar. Die Spuren verdeutlichen, dass der urbane Raum seit jeher durchwoben ist von einem Geflecht queerer „Gegenöffentlichkeiten“, die traditionelle, heteronormative Hierarchien außer Kraft setzen.

Anhand einer eigens erstellten Website werden die queeren Orte mit unterschiedlichem Material wie Bildern, Tonaufnahmen, historischen Dokumenten und anderen Objekten verknüpft, um die Historie des jeweiligen Ortes offenzulegen. Die entstandenen Bricolagen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wollen keine abgeschlossene Geschichte erzählen, sondern ein Schlaglicht werfen auf die möglichen Ausformungen queeren Lebens.

gayze – Queere Orte in München ist von Anfang an als offen und prozesshaft angelegt. Die Karte, die in Zusammenarbeit mit dem Forum Queeres Archiv München und der PLATFORM entstanden ist, soll im Laufe der Zeit um weitere Orte ergänzt werden. Nutzer*innen sind zur Teilhabe aufgerufen. Persönliche Anmerkungen, neue Orte und Objekte sind immer erwünscht. Langfristig soll gayze zum digitalen Archiv queerer Stadtgeschichte(n) in München werden, durch welches interessierte Personen ihre Stadt aus einer anderen Perspektive sehen und abseits der ausgetretenen Pfade auf Erkundungstour gehen können.

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